West und Ost

Es war 02:30 Uhr als der Wecker klingelte. Es war 00:20 als Lorenz anklopfte, um mir mitzuteilen, dass es schon nach Mitternacht ist und es Zeit wäre, um auf Urlaub zu fahren. Er liess sich dann doch noch dazu überreden ins Bett zu gehen, aber halt leider nicht in seines, sondern zu mir. Im Gegensatz zu mir schlief er gleich ein. Er musste wohl von Karate geträumt haben, denn er schlief äußerst unruhig. Als ich wieder einschlief, bekam ich von Lorenz mit der Handkante einen Schlag direkt auf den Kehlkopf. Man kann sich vorstellen, dass ich nicht wirklich gut geschlafen habe und mir das Aufstehen gar nicht so schwer fiel.
Wir waren wirklich super in der Zeit und fuhren Punkt 04:00 Uhr aus der Siedlung. Leider trafen wir bezüglich der Route die falsche Entscheidung. Aber Martin formulierte es sehr schön: “Der Historiker ist gescheiter als der Prophet!” Wir hatten uns nicht für den Weg über Eisenstadt, sondern für die Route über Fürstenfeld und Heiligenkreuz entschieden. In Österreich war alles noch ok, kein Regen und die Straßen in Ordnung. In Ungarn war dann alles anders. Es schüttete und die Bundesstraßen hatten tiefe Spurrillen. Anscheinend hatte es zuvor einen starken Sturm gegeben, denn riesige abgerissene Äste und umgestürzte Bäume lagen am Straßenrand. Die entgegenkommenden LKWs spritzten Wasserfontainen über uns und nahmen uns komplett die Sicht und durch die tiefen Spurrillen hatten wir es mehrmals mit Aquaplaning zu tun. Martin manövrierte uns sicher über die Bundesstraßen und als wir dann zur Autobahn kamen, war es sofort leichter zu fahren. Zwar regnete es immer noch, aber die Straße war einwandfrei.
Kurz vor Budapest frühstückten wir dann im Wohnwagen bei unterkühlten 12 Grad. Aber wir sahen wenigstens schon einen Sonnenstreifen am Horizont, den wir dann ca. 100km nach Budapest erreichten.
Mit Sonne wurde es natürlich auch wärmer und wärmer und so rollten wir schwitzend über die rumänische Grenze, wo nur kurz die Pässe kontrolliert wurden. Nach der Grenze kam kurz der Schock. Einen so einen starken Ostblockeindruck hatte ich nicht erwartet. Überall veraltete Industrie, die furchtbaren Ostblockhäuser, die komplett schäbig aussahen. Der Schmutz neben der Straße ( Ich glaube, ich hätte mir mit den Wrackteilen am Straßenrand ein Auto bauen können) und die nicht entsorgten Tierkadaver. Einzig die Straßen waren im Vergleich zu Ungarn echt ok. Am Campingplatz – den wir gleich gefunden haben – angekommen stellten wir nur schnell den Wohnwagen auf, jausneten und fuhren nach Oradea um uns eine Prepaid Internetwertkarte zu kaufen. Wir haben uns von Gitti ihre “W-Lan Box” ausgeborgt, die mit dieser Wertkarte dann ein W-Lan Netz aufbaut, wo wir mit unseren Geräten im Internet arbeiten können. Obwohl wir nicht durch das Shoppingcenter bummelten – was aber sehr verlockend war, da gerade überall Sommerschlussverkauf war – waren wir dann um eine halbe Stunde zu spät zu Hause für das Thermalbad. Wir waren alle ziemlich enttäuscht, aber Lorenz heulte wie ein Schlosshund. Er hatte nämlich die super coolen Rutschen entdeckt und war zutiefst getroffen, dass er sie nicht ausprobieren konnte.
Apropos Schlosshund: Lorenz hatte schon seine erste Begegnung mit rumänischen Hunden. Sie gehören zwar zum Platz, sind aber total unerzogen und erst vier Monate alt. Sie kamen auf uns zu gelaufen und hatten sich sofort Lorenz ausgemacht, dem sie bis zum Brustkorb reichten. Sie sprangen ihn an und zwickten ihn in die Schulter und in den Rücken. Lorenz lief leider davon und in seiner Panik hörte er auch nicht auf uns. So rannte Lorenz vor den Hunden, die Hunde hinter ihm und ich hinter den Hunden her, um Lorenz endlich aus der Reichweite der Hunde zu bringen. Dann als sich die Lage wieder beruhigt hatte, kam endlich die Besitzerin und fing die Hunde ein. Sie meinte nur: “Brave Hunde, so lieb zu Kindern!” Wir versuchten ihr verständlich zu machen, dass die Hunde Lorenz und mich gezwickt hätten, aber da hörte ihr Deutsch dann plötzlich auf. Wir haben den Kindern nun sehr eindrücklich nahe gelegt, dass sie nicht weglaufen, sondern zu uns kommen müssen, denn nur so können wir sie beschützen. Aber ich mache mir schon ein bißchen Sorgen! Den Rumänien hat ja bekanntlich ein massives Problem mit streunenden Hunden…
Ich bin schon sehr gespannt wie es weiter geht. Im Moment weiß ich noch nicht so recht was ich von dem Land halten soll. Einerseits ist Oradea und Umgebung schmutzig und von Ostblockbauten zugepflastert, andererseits gibt es hypermoderne Shoppingcenter und riesige Lebensmittelhändler, die ich so nur aus Frankreich kenne. Die Gegensätze sind schon echt krass, wenn neben verspiegelten Shoppinhmalls, die Wellblech bedeckten Markthallen sind.
Morgen geht es 140 km gemütlich nach Gilau in die Nähe von Turda. Da sollte alles schon viel ländlicher sein. Ich bin schon neugierig!

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Hinterm Steuer -Martin

20140815-200751-72471301.jpgDie beste Beifahrerin aller Zeiten, wenn sie gerade nicht schläft – Sigrid

20140815-200922-72562305.jpgUnd in der zweiten Reihe – Viktoria und…

20140815-200952-72592787.jpg… Lorenz

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20140815-201056-72656003.jpgUnser Frühstück im kalten Wohnwagen

20140815-201148-72708386.jpgMartin versucht sich ein bißchen von den Strapazen zu erholen

20140815-201427-72867812.jpgAuf dem Weg zum Campingplatz

20140815-201507-72907544.jpgEndlich angekommen

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