Ruhe und Aufregung

Es hat gerade heftig gewittert und wir mussten unser Abendessen in den Wohnwagen verlegen. Martin grillte heute und ich bereitete alles rund herum vor – wie zu Hause. Wir hatten mitten in der Einöde neben einem kleinen Dorf einen Lidl gefunden und uns dort mit allem Nötigen eingedeckt. Leider gibt es keinen Fleischer oder ähnliches in Bran und beim Kreisler mit seinen Fleischfliegen vergeht einem der Fleischeinkauf. Daher kam uns der Lidl sehr gelegen und wir kauften abgepacktes rumänisches Schweinefleisch. Lecker!
Jetzt nachdem ich vom Abwasch zurück gekommen bin, färbt die Abendsonne die Berge und die Wolken in die unterschiedlichsten Rottöne und die Luft riecht nach Heu und dampfender Wiese. Es ist so idyllisch und wir geniessen die Ruhe in vollen Zügen. Denn heute ging es schon viel lauter zu.
Heute marschierten wir die 3 km zu Fuß nach Bran und uns überraschte die grosse Anzahl an Touristen, die hier waren. Wir wollten zum Ticketschalter für das Schloss gehen, aber uns fiel relativ bald die ewig lange Schlange auf, die sich durch die Souvenirstraße gebildet hatte. Sie war WIRKLICH lang und erinnerte mich stark an das Anstellen in Disneyland! Zuerst überlegten wir, ob wir nicht am Nachmittag wieder kommen sollten, aber wir wollten dann doch nicht wieder den ganzen Weg zurück gehen. Also stellten wir uns brav an, schummelten uns aber irgendwo in der Mitte dazwischen. Wir hatten einen kleinen Anflug von schlechtem Gewissen, aber es regte sich niemand auf. Gott sei Dank! Denn ich wollte auf keinen Fall bis ganz ans Ende…
Die Wartezeit war dann eigentlich gar nicht so lange und die Menge verlief sich dann ziemlich rasch auf dem Gelände. Der kleine Park am Fusse des Schlosshügels war wunderschön angelegt mit Skulpturen und einem Seerosenteich. Uns zog es aber gleich nach oben zum Schloss. Der Anstieg war überhaupt nicht tragisch und wir erreichten ziemlich bald den Eingang zum Schloss. Von aussen wirkte es noch ganz wie das gruselige Draculaschloss. Die Mauern hoch aufragend, kleine Fenster und Schießscharten. Ziemlich abwehrend steht es da, aber dafür war es ja auch gedacht, um die Grenzen zu verteidigen. Als die Grenzen sich verschoben, war auch ihr Verwendungszweck dahin und erst 1920 als Königin Maria von Rumänien das Schloss geschenkt bekam, wurde es aus seinem Dornröschenschlaf geweckt. Sie ließ das Schloss renovieren und Strom und Telefon hinein legen. Ausserdem richtete sie die Räume sehr gemütlich ein. Was man heute noch sehen kann. 1948 wurde das Schloss dann Staatsbesitz und kam aber 2006 wieder in den Familienbesitz zurück. Das Schloss gehört aber auch ein bißchen uns Österreichern, denn Dominic von Habsburg ist der jetzige Besitzer.
Schloss Bran ist das schönste Schloss bzw. Burg das ich je gesehen habe. Ein Zimmer gemütlicher als das andere, viele schöne und kreative Kachelöfen, verwinkelte Treppen, eine traumhafte Loggia in den entzückenden Innenhof und eine windgeschütze Dachterrasse mit Blick ins Land. Ich würde hier sofort einziehen. Dominic von Habsburg wollte das Schloss auch verkaufen, er hat aber leider nicht mich gefragt, sondern den Staat und dem war es zu teuer. Heute ist das sicher eine Goldgrube!!! Ich bin so was von begeistert, dass ich gar nicht von den vielen Touristen erzählt habe, die sich beinahe um das jedes Fotomotiv geprügelt haben. Aber wenn etwas so schön ist, vergisst man das. Auch die Kinder waren sehr brav. Ich hatte ihnen unseren Audioguide in die Hand gedrückt und sie haben sich alles angehört. Somit sind sie jetzt bestens informiert.
Voller Eindrücke spazierten wir dann wieder hinunter und beschlossen unsere super braven Kinder bei den Souvenirläden zu belohnen. Lorenz entschied sich für eine Armbrust aus Holz und Viktoria für ihr Schwert und Schild. Als alles unter Dach und Fach war, sagte Viktoria zu Lorenz, dass sie es sehr schade findet, dass er keine Schwert und Schild hat. Denn somit können sie nicht gegeneinander kämpfen. Das hat ausgereicht, dass Lorenz in Tränen ausbrach! Nicht nur Krokdilstränen, sondern eine Heulattacke Stufe 4 (das ist die Höchste). Er schrie und heulte so stark, dass es ihn richtig würgte. Es war nicht auszuhalten. Die Touristen schauten ganz mitleidsvoll und als dann auch noch Viktoria mitweinte, weil sie ja niemanden zum Spielen hätte und Martin schon drei Meter Abstand ließ, weil er schon wie der Vesuv kurz vor dem Ausbruch brodelte, nahm ich Martins Kinder und marschierte mit ihnen zurück zum Stand. Dort fragte ich die Verkäuferin, ob wir eventuell die Armbrust wieder umtauschen und dafür Schwert und Schild bekommen könnten. Sie sah wie aufgelöst die Kinder waren und tauschte die Armbrust um. Als Lorenz dann noch mit seiner absolut mitleiderregensten Stimme “Thank you” hauchte, war es auch um die Verkäuferin geschehen.
Was bringt bei Familie Sudi die Nerven wieder zur Ruhe? Klar, ein gutes Mittagessen! Aber daraus wurde leider nichts, denn in ganz Bran kam es zu einem Stromausfall. Als fuhren wir hungrig wie wir waren mit dem Taxi nach Hause zum Wohnwagen, stiegen ins Auto und fuhren zum Lidl. Den Rest kennt ihr ja!

IMG_3509.JPGUnsere Kinder beim Blumen pflücken. Sie hatten von der Kellnerin am Vorabend Vasen geschenkt bekommen.

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IMG_3518.JPGAuf dem Weg nach Bran

IMG_3523.JPGDas Schloss Bran

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IMG_3527.JPGWunderschöne Kamine und Kachelöfen

IMG_3532.JPGBlick in den Innenhof

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IMG_3548.JPGSehr zufrieden

IMG_3554.JPGWer braucht ein Restaurant

IMG_3560.JPGAbendstimmung

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